Private Banking: „Aus risikolosem Zins ist ein zinsloses Risiko geworden“
Foto: Private Banking bei der Weser-Elbe Sparkasse (von links): Berater Ingo Meyer, Teamsprecher Frank Sievern und Portfolio-Manager Malte Vogt. || Foto: Heske
Im Interview sprechen Private-Banking-Experten der Weser-Elbe Sparkasse über aktuelle Trends.
Von Christian Heske im Magazin Business&People
Fast genau 20 Jahre ist es her, dass die Sparkasse Bremerhaven die Abteilung Private Banking zur Betreuung vermögender Kunden aus der Taufe hob. Inzwischen ist die Abteilung der heutigen Weser-Elbe Sparkasse (Wespa) nicht nur gewachsen. Auch das Finanzmarktumfeld hat sich radikal verändert. Im Interview sprechen die Experten Frank Sievern, Ingo Meyer und Malte Vogt über Kundenbedürfnisse und aktuelle Trends.
Wie hat sich das Thema Vermögensberatung bei der Weser-Elbe Sparkasse entwickelt?
Sievern: Vor 20 Jahren ging eine Welle durch die Geldinstitute in Deutschland, sich verstärkt um vermögende Kunden zu kümmern. Zu Beginn bestand die Abteilung „Private Banking“ der damaligen Städtischen Sparkasse Bremerhaven aus zwei Beratern und einem Leiter. Dabei blieb es aber nicht. Wir waren ab 2004 eine bundesweite Pilotsparkasse, um das Private Banking deutschlandweit zu etablieren. Hier ging es in erster Linie um die grundlegende Analyse der Kundenbedürfnisse. Einen weiteren Wachstumsschub gab es dann 2014 mit der Fusion der Sparkasse Bremerhaven und der Kreissparkasse Wesermünde-Hadeln zur Wespa. Seitdem besteht unser Private-Banking-Team aus elf Mitarbeitern.
In welchem Umfang ist das Geschäft auf der Kundenseite gewachsen?
Sievern: Begonnen haben wir mit rund 20 Kunden. Heute kümmern wir uns um mehr als 800 Familien und Einzelkunden.
Meyer: Ursprünglich haben wir nur Kunden ab einer bestimmten Vermögensgrenze betreut. Seit drei Jahren gehören aber auch Kunden mit hohem Einkommen dazu, die ein Vermögen aufbauen wollen.
Was unterscheidet die Private-Banking-Beratung von einer herkömmlichen Bankberatung?
Sievern: Um die Ziele und Wünsche der Kunden zu erreichen, setzen wir auf ein Finanzplanungsmanagement. Mögliche Ziele sind der Vermögenserhalt, die finanzielle Unabhängigkeit im Krankheitsfall oder die finanzielle Freiheit, früher aus dem Berufsleben ausscheiden zu können. Darüber hinaus geben wir auch Denkimpulse für die Nachfolgeplanung. Das heißt: Wir sind in der Beratung langfristig strategisch und nicht produkttechnisch unterwegs. Je höher und umfangreicher die Vermögenswerte sind, desto höher ist der Bedarf an individueller Beratung und Unterstützung.
Meyer: Es geht dabei immer um eine ganzheitliche Betrachtung, bei der wir Barvermögen, Immobilien, Geldanlagen und Versicherungen einbeziehen.
Großer Trend: nachhaltige Geldanlagen
Nach welchen Prinzipien ist eine Vermögensberatung aufgebaut?
Sievern: Zu Beginn legen wir gemeinsam mit den Kunden ihre Ziele fest, ermitteln ihre Risikobereitschaft und ihre Renditeerwartungen unter Berücksichtigung der steuerlichen und inflationären Komponenten. Sie erhalten dann transparente, kompetente und individuelle Empfehlungen von ihrem festen Ansprechpartner. Ein großer Trend sind derzeit nachhaltige Geldanlagen.
Meyer: Immer mehr Kunden wollen wissen, wo ihr Geld hingeht und was damit passiert.
Vogt: Der Gesetzgeber verlangt auch, dass diese Nachhaltigkeit bei den Kunden abgefragt wird, was den Trend noch verstärkt.
Wie stellen Sie diese Nachhaltigkeit sicher?
Meyer: Die Vereinten Nationen haben bereits 2015 insgesamt 17 Ziele (SDG) für eine nachhaltige Entwicklung in der Welt formuliert. Daran orientieren sich mittlerweile zunehmend die Fondsanbieter und Vermögensverwalter, mit denen wir zusammenarbeiten. Sie legen grundsätzliche Ausschlusskriterien für ihre Investitionen fest. Unternehmen, die ihr Geld zum Beispiel mit Waffenherstellung, Kohleförderung oder durch Kinderarbeit verdienen, scheiden somit für eine Anlage aus. Ratingagenturen bewerten dabei den Grad der Nachhaltigkeit in den Firmen.
Vogt: Man muss aber auch sagen, dass viele Geschäftsfelder nicht einfach schwarz oder weiß sind. Wenn sie einen Softwarehersteller haben, der auf gutem Wege ist, durch entsprechende Maßnahmen völlig CO2-neutral zu werden, dann kann man möglicherweise dessen Produkte ebenso in einem Wohlfahrtsunternehmen wie auch im Pentagon einsetzen.
Meyer: Manche Kunden wollen aber mit ihrer Investition nicht nur Aktien oder Anleihen von Unternehmen erwerben, die bestimmte Punkte ausschließen. Die Dienstleistungen und hergestellten Produkte sollen zusätzlich auch eine messbare, positive Wirkung auf die Umweltbedingungen oder die Lebensbedingungen von Menschen und Tieren haben. Hierbei kommt dann das sogenannte Impact Investing in Spiel. Die Auswahl an Unternehmen, die hierfür in Frage kommen, verringert sich dabei noch mal deutlich von ungefähr 3000 auf etwa 150 Aktienwerte. Durch die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen kommen aber immer mehr hinzu.
Sind denn nachhaltige Anlagen auch für den Anleger nachhaltig?
Meyer: Absolut. Beispielsweise sind die Unternehmensrisiken bei einer nachhaltigen Ausrichtung wesentlich geringer. Mögliche Umweltschäden mit Schadenersatzzahlungen oder langjährige teure Rechtsstreitigkeiten, wie zum Beispiel in der Autobranche durch den Dieselskandal, werden vermieden.
Vogt: Und wenn ich investiere, um meinen Energieverbrauch zu verringern, ist das letztlich auch gut für die Unternehmensbilanz.
Welche Bedeutung spielen Firmenkunden?
Sievern: Für vermögende Kunden ist die gesamte Betreuung von unternehmerischer und privater Seite ein Vorteil, zum Beispiel beim Liquiditätsmanagement. Entscheidend ist ein gutes Zusammenspiel zwischen dem Firmenkundenberater und dem Private-Banking-Berater. Dies ist aus meiner Sicht notwendig, um frühzeitig den Firmenkunden Handlungsfelder aufzuzeigen. Je länger die Zinsen im Keller verharren, desto wichtiger wird für viele Kunden ein professionelles und auf individuelle Bedürfnisse zugeschnittenes Management ihres Vermögens …
Meyer: … oder wenn Vermögen auf die nächste Generation übertragen werden soll.
Unternehmer sind es gewohnt, ihre Geschicke selbst zu lenken. Welche Rolle spielen Sie als Finanzmanager?
Sievern: Wir verstehen uns als aktive Zuhörer und Impulsgeber auf Augenhöhe. Ein häufiges Thema, für das wir sensibilisieren, ist die Versorgungslücke beim Lebenspartner, der nicht im Unternehmen tätig ist. Oder die Vermögensnachfolge. Mit unseren Netzwerkpartnern beziehungsweise externen Fachleuten begleiten wir unsere Kunden bei der Gestaltung ihrer Vermögensnachfolge. Um das Vermögen optimal auf die nächste Generation zu übertragen, sind ganz besonders erbrechtliche und steuerliche Regelungen zu berücksichtigen.
Welche Möglichkeit gibt es denn, falls gar keine Erben da sind?
Sievern: Ist kein gesetzlicher Erbe vorhanden und existiert kein Testament, erbt der Staat. Um dies zu vermeiden oder auch dann, wenn der Kunde mit seinen Vermögenswerten einen gemeinnützigen Zweck unterstützen möchte, bieten sich Stiftungen an.
Meyer: Wir unterstützen bei der Gründung einer Stiftung, bei den Kapitalanlagen und bei der Verwaltung.
Vogt: In der Regel besteht das Anlagekonzept darin, dass das Stiftungsvermögen erhalten bleiben soll und aus den Erträgen der Stiftungszweck bedient wird. In Zeiten von Niedrigzinsen ist das natürlich schwierig. Wir bieten aber nach den Anlagerichtlinien des Kunden Lösungen an.
Das Phänomen der Niedrigzinsen betrifft ja alle Geldanlagen.
Vogt: In der Tat. Aus risikolosem Zins ist ein zinsloses Risiko geworden. Während man früher Staatsanleihen kaufen konnte, die eine Rendite zahlten, reden wir jetzt von Negativrenditen. Die Zinsen sind seit Jahrzehnten gefallen bis in den Negativzinsbereich. Hinzu kommt die Inflation. Für vermeintlich risikolose Anlagen bekomme ich daher keine Rendite.
Wie reagieren die Kunden darauf?
Sievern: Die Kunden haben Angst, Geld zu verlieren, tun aber aus meiner Sicht zu wenig dagegen. Nach einer Statistik der Deutschen Bundesbank liegen 2,9 Billionen Euro – mehr als ein Drittel des Geldvermögens der Deutschen – in kaum verzinsten Spareinlagen, Tagesgeld-, Girokonten oder Barmitteln. Fakt ist aber: Wenn sie ihr Vermögen nur erhalten wollen (unter Berücksichtigung von rund zwei Prozent Inflation sowie der Abgeltungssteuer), dann bräuchten sie ein Anlageergebnis von 2,85 Prozent – das ist mit sicheren festverzinslichen Anlagen schon lange nicht mehr zu erzielen. Kunden sollten also in andere Anlageklassen, zum Beispiel Immobilien oder Aktien, investieren. Vor 20 Jahren war es noch möglich, sein Vermögen innerhalb von zwölf Jahren nur mit Zinserträgen zu verdoppeln. Diese Zeit ist aber vorbei.
Nach welchen Prinzipien sollte ein Depot strukturiert sein?
Vogt: Das A und O der Portfolio-Strukturierung ist die Streuung, um Risiken zu vermeiden. Also sollte man in Einzelaktien, Aktienfonds, Rohstoffe und Immobilienfonds investieren.
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