„Gekommen, um zu bleiben“ – Interview der Nordsee-Zeitung mit unserem Vorstandsvorsitzenden Peter Klett

„Gekommen, um zu bleiben“ – Interview der Nordsee-Zeitung mit unserem Vorstandsvorsitzenden Peter Klett

Peter Klett, Vorstandsvorsitzender der WESPA (Foto: Martina Buchholz)

Ein Interview von Thorsten Brockmann (NORDSEEE-ZEITUNG)

 

Unser Vorstandsvorsitzender verabschiedet sich zum Jahresende in den Ruhestand. Peter Klett will in Bremerhaven aktiv bleiben – beim Eishockey wie im Kunstverein oder auch auf dem Wasser. Ein Gespräch über Finanzen, Heimat und das Alter.


Herr Klett, erinnern Sie sich noch an Paula und Luna?
Das waren wahrscheinlich Eisbären…

Seelöwen… die beiden im Zoo am Meer zu taufen, war einer ihrer ersten öffentlichen Termine bei der damals noch Städtischen Sparkasse.
Ah, Seelöwen! Zu den angenehmsten Terminen im Jahr gehörten tatsächlich die Taufen im Zoo am Meer. Eine absolut mustergültige Einrichtung, deren tolle Arbeit wir gerne als Sponsor unterstützen.

Von Thüringen nach Bremerhaven

Sie sind 2011 von Thüringen nach Bremerhaven gekommen, als gebürtiger Lübecker zurück ans Meer. Wo zieht es Sie im Ruhestand hin?
Das werde ich zurzeit komischerweise häufig gefragt. Ich kann aber sagen: Meine Frau und ich sind damals gekommen, um zu bleiben. Ich habe die Ostsee gegen die Nordsee getauscht und wir fühlen uns hier sauwohl. Das ist nicht nur so ein Spruch. Wir werden hier dauerhaft bleiben, planen keinen Umzug. Ich bin ja auch Vorsitzender des Kunstvereins, Vorsitzender des Kuratoriums des Deutschen Schifffahrtsmuseums und Vorstandsvorsitzender der neuen Stiftung Maritim. Das würde ich gerne weitermachen.

Das klingt ja doch eher nach einem Unruhestand…
Ach, ja. Bevor ich zuhause auf dem Sofa sitze – wobei ich auch Hausarbeiten erledige (lacht). Ich saug Staub und feudele. Meine Frau hat mir geraten: Du brauchst Beschäftigung, nun ist es etwas mehr geworden, als ich mir vorgenommen hatte. Der Kunstverein nimmt schon sehr viel Zeit in Anspruch.

Sie erlauben sich mit 59 Jahren den Luxus, früh in den Ruhestand zu gehen.
Das hat persönliche Gründe. Meine Frau ist älter als ich und wir haben uns das sehr wohl überlegt, um gemeinsam etwas zu haben von unserem Ruhestand. Es gibt Abstriche bei der Altersversorgung, aber das ist in Ordnung. Ich bin sehr froh, dass unser Verwaltungsrat meinem Wunsch zugestimmt hat.

Vorstand verkleinert sich

Da geht es ja nicht nur um Ihren Ruhestand, sondern auch darum, den Vorstand der Weser-Elbe Sparkasse zu verkleinern.
Die Bereitschaft unseres Kontrollgremiums war da, den Vorstand von drei auf zwei Personen zu verkleinern. Das ist ein Statement. Wir haben die Belegschaft in den letzten Jahren abgebaut, da kann man dann den Vorstand nicht ausnehmen. Rolf Sünderbruch und Alexander zu Putlitz bilden künftig den Vorstand mit Bernd Meenzen als Generalbevollmächtigten. Mir war es wichtig, den Mitarbeitenden und den Kunden das Signal zu geben: Hier ist Kontinuität im Hause – es ist bloß einer weniger.

Als Sie 2011 zur Städtischen Sparkasse Bremerhaven kamen, war die Fusion mit der Kreissparkasse Wesermünde-Hadeln zur WESPA im Prinzip beschlossene Sache. Vollzogen wurde sie aber erst drei Jahre später.
Genau genommen haben die Verhandlungen sieben Jahre gedauert. Ich kam von einer fusionierten Sparkasse, daher wusste ich um die Schwierigkeiten, wenn zwei Unternehmenskulturen zusammenschmelzen müssen. Das hat schon ein bisschen Fingerspitzengefühl verlangt, da hatte ich Erfahrungen.

Es brauchte sogar einen Staatsvertrag zwischen Bremen und Niedersachsen, dass beide Sparkassen zusammengehen durften.
Es ist bis heute die einzige länderübergreifende Fusion geblieben. Der Vorgang war so komplex, dass er noch keine Nachahmer gefunden hat.

Aber es war die richtige Entscheidung, oder?
Total richtig. Wir waren wirtschaftlich in einer Situation, die mit heute nicht zu vergleichen ist. Wir hatten ein deutlich überhöhtes Schiffskredit-Portfolio, das wir unter Schmerzen, aber konsequent abgebaut haben – ohne je einen Cent öffentlicher Unterstützung bekommen zu haben. Ob die Sparkassen das alleine geschafft hätten, wage ich zu bezweifeln. Wir haben durch die Fusion tatsächlich Synergieeffekte gehoben. Es war die richtige Entscheidung, auch wenn es lange, lange gedauert hat.

Seit fast 10 Jahren fusioniert

Sie haben immer gesagt: Es braucht Zeit, bis beide Häuser zusammenfinden. Im nächsten Jahr sind zehn Jahre seit der Fusion vergangen. Sitzen die Kollegen denn schon mittags an einem Tisch?
Aus Thüringen wusste ich: Man braucht fünf bis zehn Jahre, das „Alt-Haus-Denken“ abzulegen. Nach fünf Jahren hatten wir diese Betrachtung – wo kommst Du her? – abgelegt. Gerade haben wir ein Betriebsfest gefeiert, da haben sie gar nicht mehr gemerkt, wer mal bei der Städtischen und wer bei der Kreissparkasse beschäftigt war. Das ist das beste Zeichen, dass das kulturelle Zusammenwachsen gelungen ist. Wir nennen uns intern inzwischen „Wespianer“ und verstehen uns durchaus als familiär geprägtes Unternehmen.

Zur Fusion gehörte auch, dass Personal deutlich zu reduzieren. Von fast 1000 Mitarbeitern sind heute noch 735 geblieben. Hat das Unternehmen seine endgültige Größe erreicht?
Wir hatten doppelte Stellenbesetzungen abgebaut, einige werden noch altersbedingt ausscheiden. Wir haben in diesem Jahr aber auch 25 externe Neueinstellungen vorgenommen, von denen die Hälfte sogar Quereinsteiger sind. Das funktioniert hervorragend, und ich muss sagen: Wir haben auch investiert und nicht nur abgebaut.

In Ihre Zeit als Vorstandsvorsitzender fiel aber auch die Entscheidung, etliche Filialen in der Region zu schließen.
Das will ich gar nicht verschweigen. Das Kundenverhalten hat sich so massiv verändert, dass es gar nicht anders ging. 70 Prozent unserer Kunden sind jetzt digital unterwegs. Wir hatten teilweise in Geschäftsstellen vier Kunden pro Tag.

Sie konnten keine Filiale schließen, ohne dass ein Aufschrei vorausging.
Jede Schließung tut weh, weil sie einen Verlust an Heimatgefühl, von geringerer Nähe mit sich bringt. Aber ich habe es gerade noch einmal rausgesucht: Wir hatten vor zehn Jahren 140.000 Girokonten, heute haben wir 148.000 Girokonten. Das ist beachtlich. Wir sind immer noch stark vertreten in der Region, haben mit Abstand die meisten Geldausgabeautomaten und haben die Zahl der Kunden deutlich steigern können. So schlecht kann es nicht gewesen sein.

Aber vor allem den Älteren fehlt etwas…
Ich hatte kürzlich ein Gespräch mit einer Kundin, die sich über eine Warteschlange beschwert hatte. Dabei wollte sie nur ihren Kontostand erfragen. Das kann man heute telefonisch. Wir haben 50 Beschäftigte in unserem Telefoncenter, die helfen am Telefon.

Die Weser-Elbe Sparkasse hat inzwischen einige Herausforderungen der Weltwirtschaft bewältigen müssen, den digitalen Wandel, Corona und die Folgen des Ukraine-Kriege. Ist das Unternehmen gut aufgestellt auch für die nächsten Krisen?
Von den Herausforderungen der Schifffahrtskrise hatte ich bereits gesprochen, jetzt der Krieg Russlands gegen die Ukraine, Lieferkettenprobleme. Die Wirtschaft in der Region aber ist erstaunlich stabil. Die wirtschaftliche Entwicklung der Weser-Elbe Sparkasse war in diesem Jahr die beste seit 30 Jahren. Das soll nicht bedeuten, dass ich mir aufgrund einiger richtiger geschäftspolitischer Entscheidungen auf die Schulter klopfe, vielmehr haben sich in diesem Jahr verschiedene Rahmenbedingungen positiv ausgewirkt. Wirtschaftlich geht es uns gut, wir sind als Haus super stabil.

Nie auf extremes Wachstum gesetzt

Als beide Sparkassen zusammengingen, lag das Bilanzvolumen bei vier Milliarden Euro, jetzt sind es etwa 4,5 Milliarden…
Wir haben nie auf extremes Wachstum gesetzt, das war auch gut so. Wir sind eine der Sparkassen in Deutschland mit einem extrem hohen Anteil an Kundenkrediten sowie Kundeneinlagen. Kredite in der Region, nicht für Regenwälder am Amazonas oder Nadelwälder in Montana. Da haben wir uns komplett rausgehalten. Etwas konservativ, aber darauf sind wir stolz. Die Sparkassen, die sich zum großen Teil in Wertpapiergeschäften bewegt haben, bekamen letztes Jahr massiv Probleme. Wir nicht. Unser Geschäftsmodell ist in der Region. Deshalb fördern wir auch Einrichtungen wie den Zoo oder viele andere wie das Stadttheater, die Fischtown Pinguins, die Elmloher Reitertage. Das gehört zum genetischen Code unserer Sparkasse.

Es ist aber auch der Zweck kommunaler Sparkassen…
Ja, wenn es die wirtschaftliche Lage erlaubt. Deshalb haben wir entschieden, zur Gründung der neuen Stiftung Maritimes Erbe beizutragen und die Anschubfinanzierung zu leisten, um historische Schiffe zu erhalten. Oder nehmen Sie die Fischtown Pinguins: Ich bin ein großer Fan, meine Frau noch viel mehr. Das ist ja wirklich Kult in Bremerhaven. Manch spannendes Spiel bringt mich aber auch an den Rand der nervlichen Belastung. Ich fiebere da sehr mit. Die Fischtown Pinguins gehören zur Identität Bremerhavens wie die Traditionsschiffe.

Man wird Sie also auch künftig noch in der Eisarena sehen?
Das ist der Plan. Manchmal gehe ich aber auch spazieren, wenn das Spiel für mich zu aufregend wird. Das hat mein Arzt mir geraten (lacht).

Was möchten Sie dem künftigen Vorstand der Weser-Elbe Sparkasse mit auf den Weg geben für die nächsten Jahre?
Ein Zitat von Wilhelm Busch: Wer in die Fußstapfen anderer tritt, hinterlässt keine eigenen Spuren.