2018 könnte es an den Märkten etwas holpriger werden
Das Jahr 2017 wurde unterschätzt: sowohl bezüglich der Konjunktur- als auch der Finanzmarktentwicklung. Ob es so robust und schwankungsarm weiterergeht, erklären Peter Klett, Vorstandsvorsitzender der Weser-Elbe Sparkasse, und Deka-Chefvolkswirt Dr. Ulrich Kater.
Herr Klett, 2017 war ein Superwahljahr, mit teils überraschenden Wahlergebnissen. In vielen Ländern gibt es starke populistische Bewegungen, die sich eine anti-europäische Politik wünschen. Was erwartet uns 2018?
Klett: Im Rückspiegel betrachtet war die Sorge vor politischen Störeinflüssen im Jahr 2017 übertrieben. Aber mit Blick auf die Unsicherheiten durch die neue US-Regierung, durch den Brexit und durch die Wahlen in Frankreich, den Niederlanden und Deutschland war Ende 2016 die einhellige Meinung, dass die Weltwirtschaft höchstens mit angezogener Handbremse in das Jahr 2017 fahren könnte. Zwar ist die politische Verunsicherung bis heute noch hoch. Die Wirtschaft und die Finanzmärkte sind jedoch robuster geworden gegenüber den vielfältigen politischen Unsicherheiten. Wobei „robust“ allerdings nicht mit unverwundbar gleichgesetzt werden sollte.
Schon alleine die Länge des anhaltenden globalen Wirtschaftswachstums gibt Anlass zur Sorge, oder? Immerhin geht der weltweite Aufschwung in sein neuntes Jahr.
Kater: Von Aufschwungsmüdigkeit ist allerdings keine Spur zu entdecken, das hat das Jahr 2017 eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Heute deuten die Signale eindeutig auf eine Fortsetzung der guten wirtschaftlichen Entwicklung hin. Ein global gesehen kräftiges Konsum- und inzwischen auch Investitionswachstum paart sich mit einem ungewöhnlich breit basierenden globalen Wachstum. So gering waren die Abweichungen im Wachstum zwischen den Ländern der Weltwirtschaft selten. Und wenn keine Störungen auftreten, dann kann eine wirtschaftliche Aufwärtsbewegung theoretisch jahrzehntelang ohne Verspannungen und ohne Schwächeanfall anhalten. Die australische Volkswirtschaft ist ein Beispiel hierfür, wo seit mittlerweile 26 Jahren keine Rezession mehr zu verzeichnen war.
Was könnten es für Störungen sein, die doch zum Ende einer solchen Aufwärtsspirale führen?
Kater: Zum einen könnte die Überhitzung der Konjunkturdynamik über stark steigende Inflation die Notenbanken dazu zwingen, über Leitzinserhöhungen die Wirtschaftsentwicklung abzubremsen, um den Inflationsdruck zu vermindern. Dies gelingt meistens nicht graduell, sondern führt in eine stärkere Verlangsamung als beabsichtigt. Es kommt womöglich zu einer Rezession. Zum anderen steigt mit zunehmender Dauer des Aufschwungs die Gefahr der Sorglosigkeit in Form von leichtfertiger Kreditvergabe oder Finanzmarktblasen. Solche Fehlentwicklungen lösen einen Korrekturbedarf aus, wobei heftige Reaktionen von Finanzmärkten und Unternehmen in die Rezession führen können.
Wie akut sind diese Bedrohungen für 2018?
Kater: Noch halten wir diese Entwicklungen nicht für weit vorangeschritten. Von daher betrachten wir die Jahre 2018 und 2019 als stabile Wachstumsjahre, allerdings auch als Übergangsjahre in eine „normalere“ – das heißt auch wieder schwankungsanfälligere – Welt.
Und wie steht es um Deutschland? Sehen Sie die wirtschaftspolitische Stabilität durch die Schwierigkeit der Regierungsbildung gefährdet?
Kater: Die deutsche Volkswirtschaft boomt, ohne überschäumendes Wachstum. Die Stimmung bei den Unternehmen ist auf Rekordniveau, der Arbeitsmarkt droht heiß zulaufen. Die Unternehmen klagen zunehmen über Fachkräftemangel und über Liefer- und Kapazitätsengpässe. Das Bemerkenswerte ist, dass sich diese Entwicklung nicht wie in früheren Jahren bei Wachstumsraten um die 4 %, sondern von rund 2 % einstellt.
Klett: Die wirtschaftspolitische Stabilität in Deutschland wird glücklicherweise durch das Hickhack um die Regierungsbildung nicht beeinträchtigt. Wir gehen davon aus, dass das Bekenntnis zur „schwarzen Null“ im Staatshaushalt in den Jahren 2018 und 2019 auch umge-setzt wird. Es besteht allerdings die Gefahr, dass parteipolitische Kompromisse langfristig teuer wird, wenn etwa heute noch Leistungen in den Sozialsystemen vereinbart werden, deren finanzielle Folgen im kommenden Jahrzehnt angesichts der demografischen Entwicklung nicht mehr gestemmt werden können.
Für die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) werden mögliche Überhitzungserscheinungen in Deutschland allerdings kaum relevant sein, denn sie sind in anderen Mitgliedsländern der Europäischen Währungsunion längst nicht so ausgeprägt. Wann werden die Zinsen denn in Europa wieder steigen?
Kater: Der Ausstiegskurs der Notenbanken aus der ultra-lockeren Geldpolitik wird im Jahr 2018 formal weitergehen. Da die Inflation in Euroland niedrig bleibt, kann sich die EZB allerdings viel Zeit lassen mit der geldpolitischen Straffung. Daher wird die Bilanzsumme der EZB nicht vor 2019 sinken und erst für das Jahr 2020 erwarten wir die erste Erhöhung des Hauptleitzinses.
Klett: Bis wieder spürbare Zinsen auf dem Sparkonto ankommen, wird es also noch Jahre dauern. Und selbst bei einem Sparzins von 1 %, was in einigen Jahren vorstellbar ist, verlieren die Sparer bei einer Inflationsrate von voraussichtlich rund 2 % Tag für Tag an Kaufkraft. Damit bleibt auch die für die Sparer so schmerzhafte Realzinsfalle intakt.
Um der Realzinsfalle zu entkommen, braucht man also risikobehaftete Geldanlageformen wie Aktien. Aber lohnt es sich überhaupt noch bei den jüngst erreichten Rekordniveaus in Aktien zu investieren?
Klett: Wenn Anleger eine positive reale (d.h. nach Inflation gerechnete) Rendite erzielen wollen, werden sie auch in Zukunft nicht um die Wertpapiermärkte, insbesondere den Aktienmarkt, herumkommen. Die langfristige Beteiligung an Produktivvermögen erscheint gerade vor dem Hintergrund von noch für längere Zeit niedrigen Kupons am Rentenmarkt als wichtiger Baustein des privaten Vermögensaufbaus. Um den erwarteten stärkeren Wertschwankungen dabei in gewissem Maße entgegenzuwirken, empfehlen sich eine breite Streuung der Anlagen sowie das regelmäßige Sparen.
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